Heute ging der Wecker um 4:45! Und ich staunte nicht schlecht, als Reiner schon neben mir am Bericht schreiben war. Der Gute war seid 4 Uhr auf. Jetzt will er es aber wissen. Das gute an der Uhrzeit ist die Temperatur. Es hat auf angenehme 27°C abgekühlt. Um 5:30 treffen wir uns mit Judy zum Frühstück und um 6 Uhr geht es endlich los mit dem 50PS Boot. Unser Fahrer heisst Sali und wird uns die ganzen drei Tage begleiten. Wenn alles klappt werden wir heute unseren ersten Jaguar sehen.
Der Fahrtwind ist schön angenehm kühl. Aber die Handschuhe brauchen wir definitiv nicht. Ich habe vor der Abreise in einem Bericht gelesen, dass es morgens empfindlich kühl ist und man Handschuhe, Schal und Kappe mitnehmen soll. Vergesst diesen Blödsinn, zu mindest im Oktober. Jedenfalls düsten wir in schnellem Tempo flussabwärts und ich fragte mich, wie man so Tiere sehen soll. Ab und zu hielten wir an und Judy und Sali schauten sich um. Zwischen durch wurde auch über Funk diskutiert, aber ansonsten passierte nichts grossartiges. Ich genoss die Fahrt und den erwachenden Tag.
Plötzlich wurde es hektisch im Funk und Sali gab Vollgas. Wir rauschten über den Fluss und nach einer Biegung sahen wir vor uns schon einige Boote. Und tatsächlich! Nur 45min nach dem wir unseren Ausflug starteten, sahen wir schon unseren ersten Jaguar. Was sind wir doch für 2 Glückskinder. Angeblich war es ein Männchen. Mich beeindruckte vor allem die Grösse. Ich habe mir den Jaguar irgendwie kleiner vorgestellt. Leider fühlte sich der Jaguar zu beobachtet und verliess sein Plätzchen 5min nachdem wir ankamen Richtung Wald. Wir sahen ihn noch kurz durch die Bäume und dann war er weg. Trotz der kurzen Zeit war es doch ein sehr bewegendes Erlebnis. Ein Jaguar in freier Wildbahn zu beobachten ist etwas vom schönsten, dass es gibt.
Wir warteten noch 15min, ob er woanders wieder auftaucht. Ich nutzte die Zeit um die witzige Situation um mich zu fotografieren. Wie es aussah, waren wir nämlich von lauter „professionellen irgendwas“ umgeben. Keine Ahnung ob es Fotografen sind oder Forscher. Jedenfalls hat jeder ein riesen mega Objektiv. Ein einzelnes kostet wahrscheinlich soviel wie mein Auto und manche haben gleich mehrere davon mit. Und zwischen all denen schwamm unser Boot mit 2 Touristen und ihren 30x Zoom Pocketkameras. Wir müssen einen herrlichen Anblick gewesen sein.
Auf der Weiterfahrt erklärte Judy uns einige der Vögel und wir erwischten auch ein paar nette Exemplare vor unserer Kamera. Den ersten Vogel hörten wir eher, als dass wir ihn sahen. Sein Name klingt auf Englisch noch besser, als auf Deutsch. Auf Englisch heissen die Vögel Chaco Chachalaca, der lateinische Namen lautet Ortalis Canicollis und in Deutsch ist es ein Chacoguan. Jedenfalls kommunizieren die herrlich laut und immer abwechselnd das tiefe Männchen und dann das hohe Weibchen. Macht echt Spass Ihnen zu zuhören, zum Glück, denn weg hören kann man da nicht. In diesem Link findest du verschiedene Aufnahmen von Chaco Chachalacas.
Eine halbe Stunde später trafen wir auf eine Gelbbürzelkassike Kolonie. Diese kleinen gelbschwarzen Vögel sind echt vorlaute kleine Kerle. Sie sind ca. 25cm gross und treten in einem grossen Schwarm auf. In diesem zwitschern sie bunt durcheinander. Wir hatten das Glück sie an ihrem Nestbaum zu treffen. Hier bauen sie ihre hängenden Nester alle am selben Baum und es sieht aus als hätte der Baum spezielle Früchte.
Eine weitere wunderschöne Vogelart war der Orangerückentrupial. Er leuchtet wirklich wunderbar orange und macht seinem Namen alle Ehre.
Nebst all den Vögeln sahen wir zahlreiche Kaimane. Viele sonnten sich am Ufer. Oft hatten sie ihr grosses Maul weit aufgerissen und lagen regungslos da. Das Maul lassen sie zur Zahnpflege soweit offen. Durch das regungslose liegen fliegen Helferchen in das grosse Maul und picken alles da raus, was nicht dahin gehört. Ganz schön clever gelöst von der Natur.
Ich selber bin ja hin und weg von den Wasserschweinen. Ich habe die vor 2 Jahren das erste Mal im Wiener Zoo gesehen und war damals schon begeistert. Für mich sind das einfach riesen Meerschweinchen. Total süss und ich kann nicht genug davon sehen. Muss ich zum Glück auch nicht. Die sind hier überall und wir sehen sie immer wieder. Mal zu zweit, mal mit Kleinen und mal in einer grossen Gruppe. Am liebsten hätte ich ja welche nach Hause mitgenommen. Über die Wasserschweine haben wir einiges gelernt. So besteht eine Herde normalerweise aus einem Männchen und seinem Weibchen plus Nachwuchs. Ab und zu tun sie sich auch mit anderen Familien zusammen. Das Männchen erkennt man an der unbehaarten schwarzen Duftdrüse auf seiner Schnauze. Damit markiert es sein Territorium. Im Englischen nennt man die Wasserschweine Capybara, was ursprünglich von den Indianern kommt und „Herr des Grases“ bedeuten soll.
Heute Morgen geht es Schlag auf Schlag und um 9 Uhr sahen wir schon das nächste Highlight unter den Vögeln. Ein Fischbussard sass auf seinem Beobachtungsposten und liess sich durch uns nicht stören. So konnten wir ihn richtig ausgiebig begutachten, bewundern und fotografieren.
Kurz vor 11 kam dann wieder Hektik auf. Ein Jaguar wurde gesichtet. Wir fuhren so schnell es ging dahin, aber ausser vielen Booten sahen wir nichts. Tja, dieses mal hatten wir halt Pech. Es war eh langsam Zeit für das Mittagessen und so fuhren wir zurück. Der erste Morgen auf Jaguar Jagd war beides, super spannend und auch ermüdend. Manchmal sahen wir fast 1h nichts und in der Zeit dösten Reiner und ich immer wieder ein. Doch sobald man ein Tier sieht, wird es hektisch und wir waren sofort beide hell wach.
Zurück im Porto Jofre hatten wir zum Glück noch etwas Zeit uns hinzulegen, bzw, wir nutzen die Zeit zum Schreiben. Im Zimmer gibt es keinen Tisch, dafür 4 Betten. Also wurde ich kreativ und schob ein Bett vor ein Regal und schon hatte ich „Tisch und Stuhl“. Perfekt zum Blog schreiben. Als wir zum Essen wollten trafen wir auf dem Rasen vor unserer Türe auf 4 Wasserschweine. So was von süss, eigentlich perfekt um eines mit heim zu nehmen. Wir konnten recht nah an sie ran und haben wieder viel Fotos gemacht. Ich war dann doch vernünftig genug sie in ihrem Revier zu lassen und nicht in die kalte Schweiz umzusiedeln.
Das Mittagessen war einmal mehr hervorragend. Alles Fleisch und Fisch ist von hier, gezüchtet oder gefangen. Und genauso schmeckt es auch: Frisch und lecker. Und das Dessertbuffet ist schlichtweg genial. Da gibt es einen grossen Topf mit Doce de Leite und von mir neu entdeckt Doce de Guava. Beides isst man zusammen mit dem Frischkäse, den Sie auch hier vor Ort machen. Ich sag euch, einfach nur köstlich! Um 2 Uhr ging es wieder los mit unserer Bootstour. Und tatsächlich, auch diesmal sprang der Funk relativ schnell an und wir rasten Richtung Jaguar. Wieder 45 min nach dem Start waren wir bei einem Jaguar. Zu mindestens theoretisch. Denn erstens dauerte es geschlagene 10 min bis wir ihn entdeckten. Judy war schon langsam verzweifelt, weil sie uns immer wieder beschrieb wo er ist. Und als wir ihn endlich auch sahen, war es nur das Hinterteil und auch das nur mitten im Busch. Das war zwar eine Jaguar Sichtung, aber ehrlich, keiner von und wollte nun die ganze Zeit ein Hintern angucken nur um dann zu sagen: wir haben einen Jaguar gesehen.
Also baten wir Sali weiter zu fahren. Wir sehen lieber andere Tiere, wie zum Beispiel meine geliebten Wasserschweine. Sali setzte unseren Wunsch wunderbar um und fuhr in schön entlegene Seitenarme des Flusses. Hier im Pantanal ist der Fluss eher ein Gewimmel aus mehreren Flüssen, die sich verzweigen und wieder zusammen kommen. Würde man uns jetzt aussetzen, ich fürchte wir würden nie wieder heim finden. Sogar in Google Maps sind nur die grossen Flüsse auf der Karte abgebildet. All die kleinen Seitenarme sieht man nur in den Stellten Aufnahmen.
Das Highlight aus dieser Fahrt war ein Schwarzbussard. Am Morgen sahen wir schon einen jungen, dieser war braun und wir wunderten uns über seinen Namen. Doch am ausgewachsenen Vogel sieht man wie passend der Name ist. Mit stolz geschwellter, schwarz gefiederter Brust stellte er sich in Pose und überblickte sein Revier.
Die meiste Zeit fuhren wir schweigend kreuz und quer durch die Gegend bis Judy ein interessantes Tier sieht und uns darauf aufmerksam macht. Doch um 4 Uhr war ich es, die aufkreischte. 3 Affen sassen einträchtig zusammen auf einem Ast. Endlich sahen wir, was wir im Amazonas nur hörten. Die schwarzen und goldenen Brüllaffen. Wobei die schwarzen die Männchen und die goldenen die Weibchen sind. Sie blieben noch ein bisschen sitzen und verzogen sich dann nach und nach langsam in höhere Äste.
Wir sind anschliessend bis um 18 Uhr weiter erfolglos durch die Gegend getuckert. Die fotografische Jagd nach Jaguaren besteht zur Mehrheit aus warten und Ausschau halten. Wenn man dann aber wenige Meter vor einem Jaguar ist, dann stockt der Atem und es war jede Minute der Suche wert. Den Tag schlossen wir mit einem weiteren leckeren Nachtessen, etwas Bericht schreiben und früh ins Bett gehen.
Ausflüge
Jaguar und andere Tiere gucken mit 50HP Boot
Unterkunft
Hotel Porto Jofre Pantanal Norte Ltda.
PORTO JOFRE PRESTADORA DE SERVIÇOS LTDA
Rod. Transpantaneira km 145 – Galpão 1
Poconé – Mato Grosso
Tel. (+55) 65 3623 0236 oder (+55) 65 3637 1263 oder (+55) 65 3637 1593
www.portojofre.com.br
Tipps & Tricks
- es lohnt sich ein Boot mit mehr PS (ab 100PS) zu mieten um schneller bei einer Jaguar Sichtung zu sein
- Guten Sonnenschutz mitnehmen (Sonnenhut, lange Kleidung, gute Sonnencreme)
- Guter Mückenschutz
- ein gutes (!) Fernglas mit nehmen und dabei am Preis nicht sparen
Galerie
Schön, dass ihr so viele Tiere gesehen habt!!!!!!!! 🙂
Ja, das haben wir sehr genossen, da diese Tiere noch in ihrem natürlichen Habitat leben